Diagnosetool: Standortbestimmung mit dem Kompass

Um Projekte erfolgreich umzusetzen, braucht es einen Fokus auf alle Themenbereiche des Kompass: Individuen, Gemeinschaft, Intention, Struktur, Praxis, Ernte und Welt. Daher kann der Kompass als sehr hilfreiche Unterstützung für die Standortbestimmung dienen. Wo liegen die Stärken der Gruppe, wo gibt es Schwächen?

Dazu gibt es jetzt einen Fragebogen zur Standortbestimmung, sowie einen längeren Artikel darüber, wie er genutzt werden kann. Diesen Fragebogen können den Gruppen nutzen, um ihre Kompetenzen in den verschiedenen Themenbereichen des Gemeinschaftskompasses einzuschätzen. Aber auch ohne den Fragebogen kann der Kompass Gruppen darin unterstützen, um ihre eigenen Stärken und Schwächen zu reflektieren.

2 Ansätze zur Nutzung als Diagnosetool

„Von den Individuen zur Gruppe“

In einem ersten Schritt ordnen die Gruppenmitglieder ihre eigenen Stärken und Schwächen in der Kompass-Systematisierung ein. In einem zweiten Schritt werden in Gesprächen mit Kollegen Selbst- und Fremdwahrnehmung verglichen. Dies ist eine interessante Übung, die sowohl der eigenen Bewusstseinsbildung (Individuen), als auch der Gemeinschaftsbildung dient und in der Regel zu vielen interessanten Erkenntnissen führt.

Wenn die Einzelnen ein realistisches Bild ihrer eigenen Stärken und Schwächen entwickelt haben, sollte der Blick auf die Gemeinschaft geweitet werden. Eine wichtige Frage ist, ob für alle Themenfelder Menschen in der Gruppe sind, die dort Kompetenzen haben. Wenn dies nicht der Fall ist, sollte überlegt werden, wie dieser Bereich gestärkt werden kann.

Gibt es Menschen, die Stärken haben, die sich in der Gruppe noch nicht wirklich entfalten können? Falls es diese Menschen gibt, stellt sich die Frage, was diesen Prozess behindert.

„Von der Gruppe zu den Individuen“

Ein anderer Weg, den Kompass als Diagnosetool zu nutzen, ist es, dass die Gruppenmitglieder einzeln die Kompetenzen der Gruppe in den verschiedenen Aspekten bewerten, und sich dann im Anschluss über ihre Bewertungen austauschen.

Wichtiger als das Finden einen Konsenses, wo die Stärken und Schwächen der Gruppe sind, sind die Erfahrungen, die sich aus dem gemeinsamen Blick auf die verschiedenen Aspekte des Kompass ergeben. Eine wichtige Leitfrage ist, bei welchen Fragen es sehr unterschiedliche Wahrnehmungen gibt, und worauf sie beruhen. Diese zeigen uns, in welcher Landschaft wir uns als Individuen in Gemeinschaft bewegen. Hier beschäftigen wir uns mit dem zentralen Element des Kompass – der Dualität der Individuen in Gemeinschaft. Der Austausch schafft Bewusstsein darüber, wo die Individuen in der Gemeinschaft stehen.

Ursachen unterschiedlicher Einschätzungen

Manche unterschiedlichen Einschätzungen beruhen einfach auf individuellen Unterschieden. Es braucht da keine Einigung, sondern es kann uns unsere Vielfalt bewusster machen: Manche haben ein sonniges Gemüt und schätzen eher positiv. Andere legen gerne den Finger auf die Wunde und sehen eher das Negative. Manche tendieren eher zu gemäßigten Antworten um das Mittel herum, andere zu Extremen. Das ist vollkommen normal, und keine der subjektiven Wahrheiten ist richtiger als die der anderen. Es braucht also niemand die anderen von der eigenen Meinung zu überzeugen. Aber ein Austausch über die Sichtweisen kann uns die Augen öffnen für unsere Unterschiedlichkeiten. Diese Unterschiedlichkeiten zeigen sich in der Regel auch in anderen Aspekten des Gemeinschaftslebens waren aber vielleicht noch gar nicht bewusst. Manchmal weisen sehr unterschiedliche Einschätzungen auf tiefe Konflikte in Gruppen hin, die Raum zur Bearbeitung brauchen. Manchmal erkennt man durch die unterschiedlichen Einschätzungen auch Facetten des Konfliktes, die bis jetzt unbekannt waren. Insbesondere wenn deutlich wird, dass bestimmte Untergruppen oder Einzelne durchgehend sehr unterschiedliche Einschätzungen von der Gesamtgruppe haben, braucht man nicht die „richtige Einschätzung“ zu suchen, sondern wichtiger ist es, die Ursachen dazu sehr aufmerksam zu analysieren. Menschen, die sich unwohl im Projekt fühlen, werden das Projekt auch negativer bewerten – daher kann die Arbeit an dem „Orientierungswerkzeug“ auch Hinweise darauf leisten, welche Menschen gerade unglücklich und unzufrieden sind und vielleicht Unterstützung und liebevolle Zuwendung brauchen. Manchmal brauchen sie auch Ermutigung, das Projekt zu verlassen. Denn niemand sollte sich langfristig in einem Projekt quälen, das sehr negativ erlebt wird, wenn keine Chance auf Veränderung zum subjektiv Besseren gesehen wird.

Fazit

Der Gemeinschaftskompass dient als Werkzeug zur Standortbestimmung von Projekten und Initiativen. Diese Standortbestimmung ist ein sinnvoller Einstieg in eine Organisationsentwicklung mit dem Gemeinschaftskompass und kann auch eine spannende Aktion sein, die das gemeinsame Bewusstsein für das Projekt schärft und deutlich macht, wo als nächstes Handeln nötig ist. Er kann sowohl im Rahmen einer Gemeinschaftsberatung eingesetzt werden, wie auch von den Gruppen selber angewandt werden. Für eine ausführliche Einführung in die Nutzung des Fragebogens, siehe auch mein Artikel „Standortbestimmung mit dem Gemeinschaftskompass“.

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