Zunehmend integriere ich Methoden aus der
Prozessbegleitung in Konflikt- und Gruppenarbeit nach Arnold Mindell in meine Arbeit. Die Arbeit ist auch unter dem Titel „Prozessarbeit“, „Process Work“, „World Work“ oder „Deep Democracy“ bekannt. Im Jahr 2019 nahm ich – dank einer Förderung – an einem Jahrestraining zum Thema „Konflikt und Wandlung“ des
Instituts für Prozessarbeit Deutschland teil.
Was ist Prozessarbeit?
Dieser Ansatz, bei dem davon ausgegangen wird, dass es nicht nur die „
Konsens Realität“ gibt, auf der wir uns über konkrete Fakten einigen können, sondern auch die subjektiv und kulturell geprägte Emergenzebene, in der die Wahrheit für jede Person etwas anders aussieht, und die darunterliegende „
Essenz„, die weder klar zu greifen, noch zu beschreiben ist, und doch die Ebene ist, auf der sich Menschen und Gruppen in der Tiefe begegnen können, wenn es gelingt, dass wir uns in unseren unterschiedlichen Sichtweisen verstehen lernen.
Prozessarbeit und die Aspekte des Kompass
Die Aspekte „
Struktur“ und „Praxis“ des Kompass befinden sich großteils in der Ebene der „Konsens Realität“. Aber auch diese scheinbar „faktischen“ Themen haben viele Aspekte, die auf der Emergenz- Ebene liegen. Für die Arbeit mit Gemeinschaftsprojekten ganz besonders wichtig ist das Thema von „Rollen“ und „Rang“. Die Prozessarbeit gibt mir hier Werkzeuge und eine Art, auf Prozesse zu schauen, die gerade für Projekte, die versuchen, weitgehend hierarchiefrei zu arbeiten, ganz besonders wichtig sind.
Auch „
Intention“ und „Ernte“ sind Aspekte, in denen ein Blick auf die Emergenz-Ebene vieles klarer macht, was in der Konsens-Realitätsebene für Verwirrung sorgt.
Die Bereiche „
Individuen“ und „
Gemeinschaft“ können mit den Methoden der Prozessarbeit erforscht und neu sichtbar gemacht werden.
Durch die Haltung der „Tiefen Demokratie“, in der es wichtig ist, alle Stimmen zu hören, kommt eine Gemeinschaft zur Ruhe. Hierbei geht es zum einen um alle Meinungen, Haltungen, Überzeugungen, aber auch um die tieferliegenden Schichten – die unbewussten Anteile der Menschen, der Gruppe, der Kultur!
Wenn verdeckte Rollenstrukturen und Geist-Rollen aufgedeckt werden, die Teilnehmenden darin unterstützt werden, die Essenz von Situationen, Herausforderungen und Konflikten wahrzunehmen, dann kann auf einer tiefen Ebene eine Verbindung entstehen.
Wie wird Prozessarbeit im Kompass angewandt?
Hilfreich sind für die Unterstützung von Gemeinschaftsgruppen insbesondere die Übungen, die uns an helfen, Ebenen wahrzunehmen, die auf der Konsens-Realität nicht wahrnehmbar sind, und diese bewusst anzusprechen und zu teilen, im Wissen, dass es subjektive Erfahrungen sind, über die wir keine Einigkeit erzielen können, aber ein tieferes Verständnis entwickeln können. Dazu gehören Übungen zum Wahrnehmen der eigenen und der Essenz der Gruppe durch Fokus auf Bewegung, Körperwahrnehmung und andere nonverbale Aspekte.
Auch die durch die Prozessarbeit Aufmerksamkeit auf Rollen und
Geist-Rollen (Haltungen, Rollen, Themen, die in der Gruppe „tabu“ sind) unterstützt mich darin, die Individuen in Gemeinschaft darin zu unterstützen, sich bewusst, wahrhaftig und wertschätzend zu begegnen.